Kolumne - Abpfiff

Die Basics im Fußball

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Abpfiff – Die Kolumne von Tomas Malz

Was meinte eigentlich Hansi Flick nach dem vorletzten, desolaten Freundschaftsspiel gegen Japan damit, dass die Japaner besser waren in den Basics? Ich hatte da auch erst ungläubig geschaut. Meinte er wirklich, dass die japanischen Spieler uns überlegen waren bei der Ballannahme, Ballmitnahme, beim Torschuss oder im Stellungsspiel? Bei all den Ausbildungskonzepten, die jeder einzelne deutsche Spieler genießen konnte über viele Jahre?

Ich denke, er meinte genau die Basics, die oftmals leichtfertig als Floskeln abgetan werden. Genau die Basics, die uns abhanden gekommen sind, weil wir den Fußball immer starrer machen mit all den Regeln, taktischen Grundordnungen und der Unterdrückung sämtlicher Emotionen.

Es braucht Leidenschaft, Mut und Kreativität

Ich spreche da zum Beispiel von Leidenschaft, die es braucht, um Rückstände zu verkraften, gegenzuhalten oder Meinungen zu vertreten. Wie das Wort schon sagt, ist das mit Leiden verbunden und genau das wird unseren Kickern oftmals schon in den Jugendleistungszentren abgenommen. Leidenschaft entsteht aber auch im Kontakt mit den Fans und da hilft es nicht, die Spieler von morgens bis abends von diesen abzuschirmen. Geheimtrainings und „Wohlfühloasen“ bei den großen Turnieren bewirken genau das Gegenteil. Wenn der Funke Leidenschaft auch auf die Fans über springt, hast du auf einmal in Stadion den „12. Mann“, der in den Spielern in bestimmten Spielsituationen Kräfte frei werden lässt, um vielleicht ein Spiel noch zu drehen.

Ein weiteres Basic ist sicherlich auch, Mut zu haben. Zum Beispiel auch einmal Risiken einzugehen oder mutig seine Haltung zu bewahren und klare Bekenntnisse abzugeben. Mut braucht es nämlich beim Fußball, um den einen besonderen „magischen Pass“ durch die Gegnerreihen zu spielen oder auch mal aus der zweiten Reihe zu schießen. Da hilft es halt nicht – wie so oft bei uns in der Gesellschaft – bei einem misslungenen Pass den Finger in die Wunde zu legen. Lasst uns Fehler machen und daraus lernen. Im Kinderfußball wird das zur Zeit rauf und runter gepredigt. Lasst es doch auch bei den Profis zu. Ohne Mut sind es Spiele, die keinen Fan mitnehmen werden. Ohne Mut und Haltung sind die Fußballer nur noch Marionetten und dafür werde ich mich nicht vor den Fernseher setzen oder ins Stadion gehen.

Kreativität geht in die ähnliche Richtung … auch die wird kaum noch gesehen bei den deutschen Nationalspielern. Bei dem ersten Tor unserer Mannschaft im letzten Freundschaftsspiel gegen Frankreich konnte man diese ein wenig aufblitzen sehen und zack!! war das ganze Stadion euphorisiert. Diese Kreativität sehen wir aber immer weniger, weil wir zwar viele „Passmaschinen“ und „Abwehrmonster“ haben, aber Dribbler und Spieler für die besonderen Momente gibt es kaum noch. Kreativität weicht meistens starren Systemen und Spielern, die wunderbar vor der Kamera das gleiche sagen, weil Sie auch darauf geschult werden.

“Es braucht diese Liebe an jedem verdammten Wochenende”

Und als letztes Basic steht bei mir die Liebe. Joshua Kimmich hat das bei einem Interview nach dem Rauschmiss von Nagelsmann gut ausgedrückt: „…dass es keine Liebe mehr gibt beim Fußball“. Die Liebe zum Spiel nehme ich dem DFB, den Führungsetagen bei den Profivereinen, den Funktionären rund um die Teams und auch einigen Spielern nicht ab. Es braucht aber wieder genau diese Liebe und das an jedem verdammten Wochenende, damit unsere Spieler wieder hungriger werden auf Siege und Titel. Es braucht auch Trainer, die genau das den Spielern vermitteln können. Deshalb war für mich der Abgang von Hansi Flick schon längst überfällig. Ein Coach sollte nämlich genau diese Basics vermitteln und vorleben. Er ist der Kopf und hat einen sehr großen Einfluss auf diese Elemente. Er hat die Aufgabe, 22 Kicker aus den verschiedensten, miteinander konkurrierenden Vereinen zusammenzubringen und es mit Liebe, Mut, Kreativität und Leidenschaft zu schaffen, eine Einheit zu formen. Davon sind wir gerade weit weg und die ehemals „kleinen“ Teams überholen uns mit genau diesen Basics. (tma)


Dieser Artikel erschien zuerst in der FLENSBURG SPORT Nr. 33 | Oktober 2023
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