
Für Christine Dreier war es „Liebe auf den ersten Blick“ als sie mit zehn Jahren zusammen mit ihrem Vater die Olympischen Spiele im Fernsehen sah. „Wenn ich es schaffe, da mal mitzumachen, dann kaufe ich dir einen Porsche“, versprach sie ihrem Vater. Auf den Porsche wartet ihr Vater zwar noch immer, aber in Flensburg ist Christine heute aus der Leichtathletik-Welt nicht mehr wegzudenken. „Damals wusste ich noch nicht, dass man damit kein Geld verdient“, lacht sie.
Dafür hat sie durch den Sport etwas viel wertvolleres gewonnen, ihren späteren Ehemann Jan, den sie 2012 heiratete und mit dem sie heute das „Power-Paar“ der Leichtathletik bildet.
Den Verein in professionelle Bahnen gelenkt
Früher spielte Christine noch Fußball, als sie 2002 als Studentin aus der Kleinstadt Heiligenhafen im Kreis Ostholstein nach Flensburg zog, um hier an der Universität Sport zu studieren. Ein Wunsch, den sie schon lange hatte. Jan war zu dieser Zeit Lehrbeauftragter an der Uni und leitete den Leichtathletikkurs. Hier lernten sich die beiden auch kennen. Ein Jahr später, Jan war inzwischen nicht mehr ihr Dozent, verliebten sich die beiden ineinander und kamen zusammen. Seitdem bündeln sie ihre Kräfte für die Leichtathletik. 2006 wurde Jan zum Vorsitzenden des LK Weiche Flensburg gewählt und Christine übernahm die Arbeit als Jugendwartin.
Seitdem wurde der Verein in professionelle Bahnen gelenkt. Waren zu ihren Anfangszeiten gerade mal 10 bis 15 Personen zum Training erschienen, sind es heute im Schnitt 40, zu Hochzeiten sogar bis zu 70 Sportler gleichzeitig.
Bei den Bundesjugendspielen fing alles an
Dass Jan heute sogar für die Trainingsausbildung in Schleswig-Holstein verantwortlich ist, geschah eher durch Zufall. „Mein Sportlehrer Frerk Petersen hat mich in diese Richtung gelenkt. Bei den Bundesjugendspielen hatte er als Sportlehrer den Landestrainer zur Sichtung eingeladen. Eigentlich brauchten sie nur noch eine vierte Person für ihre Staffel“, schmunzelt Jan. „Seitdem aber hat mich das Leichtathletik-Fieber gepackt.“
Auch sein persönliches Highlight als Athlet hatte Jan als Jugendlicher, als er bei den Deutschen Jugendmeisterschaften der Staffeln 1997 in Lüdenscheid an den Start ging.
Christine wurde immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen, hat aber vor allem noch ihren Landesmeistertitel über 400 Meter in guter Erinnerung. „Oder auch die Silbermedaille bei den Deutschen Meisterschaften im Mehrkampf in der Altersklasse W35. Das war ein ganz toller Wettkampf, da hat alles gepasst“, erinnert sie sich.
„Ohne den Sport würde uns etwas fehlen“
Zwar verbringen Jan und Christine durch ihren gemeinsamen Sport viel Zeit zusammen, „aber auf die Nerven gehen wir uns eigentlich nie“, sagen beide. „Man kann sich beim Training gut aufteilen. Es liegen immer neue Projekte an. Und tagsüber unterrichten wir an unterschiedlichen Schulen.“
Hauptberuflich sind beide nämlich als Lehrkräfte tätig, Jan an der Zentralschule Harrislee, Christine an der KTS.
Neben ihrem Beruf und ihrer Arbeit beim LK Weiche Flensburg bleibt den beiden nicht viel Zeit für anderes. „Leichtathletik ist unser Hobby und unsere große Leidenschaft. Wir machen das, was uns Spaß bringt und ohne würde uns etwas fehlen.“
So verwundert es nicht, dass sie ihren Urlaub nicht zwischen Palmen und Strandkörben verbringen, sondern mit den Jugendlichen ins Trainingslager fahren. „Der LK Weiche ist wie eine große Familie. Wir verbringen auch Abseits vom Training gerne Zeit zusammen. Das macht unseren Verein so besonders.“
Der Erfolg gibt den beiden recht. So werden von ihren Athleten regelmäßig neue Rekorde aufgestellt und der Verein ist bundesweit ein Begriff.
„Besonders haben wir uns gerade über Loke Sommer gefreut.“ Der Schüler konnte im August bei den Deutschen Meisterschaften der Schüler unter 16 Jahren den fünften Platz belegen und dabei drei persönliche Bestleistungen nacheinander aufstellen.
„Aber auch viele andere haben uns begeistert und Freude gemacht“, sagt Christine. „Sei es, wenn sie ihre persönlichen Bestleistungen geknackt haben oder wenn man sieht, wie sie stetig an sich arbeiten und ihre Leistungen verbessern.“ Neben Annike Rohlff ist hier auch Sprinter Fynn-Niklas Leibel zu nennen. „Fynn ist noch nicht lange dabei und läuft sensationelle Zeiten, die in vorherigen Jahren auch locker zu diversen Meistertiteln gereicht hätten“, erklärt Jan.
Jugendliche lernen fürs Leben
Die Ausbildung der Jugendlichen liegt den beiden besonders am Herzen, so bilden sie ihre Athleten nicht nur sportlich aus, sondern geben ihnen auch menschlich viel mit. Auch Eigenverantwortung wird im Verein groß geschrieben. So wurden bereits über 450 Jugendliche von Christine zu Trainerassistenten ausgebildet. Da verwundert es nicht, dass es auch Jugendliche sind, die zum Beispiel das Training für den Firmenzehnkampf leiten und teilweise auch gestandenen Führungskräften Techniken vermitteln. Zusammen mit ihren Teamkollegen Loke Sommer (14), Nick Reimers (17) und Ben Heyer (16) leitete Friderike Limberg (15) die differenzierten Gruppen im Stabhochsprung, Diskus, Hürdenlauf und allen anderen Zehnkampfdisziplinen an. „So selbstbewusst war ich in diesem Alter nicht und hätte mich das nicht getraut“, gibt Jan zu. „Das ist wirklich toll zu beobachten.“
Tatsächlich wurde das Training auch nach der Veranstaltung fortgesetzt. „Die Teilnehmer haben so viel Spaß und können die nächste Veranstaltung kaum erwarten. Inzwischen kann man sie wirklich schon als richtige Athleten bezeichnen.“
Sorge ums Flensburger Stadion
Sorgen bereitet Jan Dreier nur die Situation rund um das Flensburger Stadion. „Wir mussten schon die Ausrichtung der Norddeutschen Meisterschaften ablehnen, die 500 bis 600 übernachtende Besucher nach Flensburg gelockt hätten. Das ist sehr schade.“ Was fehlt, ist eine Erweiterung der Sprintgeraden von sechs auf acht Bahnen. „Außerdem müssen die Sofortreparaturen des Stadions jetzt umgesetzt werden, damit keine Unfälle passieren“, warnt Jan. Die Zusage der Stadt liegt hier eigentlich auch bereits vor.
„Dennoch sind es viele Aufgaben die man nebenbei erledigen muss, um überhaupt Sport in Flensburg ehrenamtlich anbieten zu können“, erklärt Jan, der sich liebend gerne auch mal nur auf seine Tätigkeit als Trainer konzentrieren würde. Doch stattdessen schlägt er sich die Nächte mit Papierkram für den Verein und der Stadionsanierung um die Ohren. „So einen Bekloppten wie mich, der sich um alles kümmert, wird man nicht mehr so schnell finden“, schmunzelt Jan, der gleichzeitig aber auch sorgenvoll in die Zukunft blickt. Dabei ist sein Wunsch eigentlich nur ein intaktes Stadion und das es im Verein sportlich und menschlich genauso weitergeht wie aktuell.
Die Kräfte müssen neu sortiert werden
Auf Änderungen muss sich der LK Weiche aber definitiv einstellen, spätestens ab Dezember, wenn Jan und Christine ihr erstes Baby erwarten und aus dem „Power-Paar“ eine „Power-Familie“ wird. „Durch die privaten Veränderungen müssen wir sehen, wie es weitergehen wird“, sagt Jan. „Die Kräfte müssen neu sortiert werden.“
Dieser Artikel erschien in unserer Printausgabe September/Oktober 2019
